Kathrin Zechner

Die berufliche Laufbahn von Kathrin Zechner ist gespickt mit einer Reihe erfolgreicher Stationen: Die gebürtige Steirerin war Unterhaltungschefin bei Tele 5, Programmintendantin des ORF und ist seit 2017 dessen Programmdirektorin. Im Interview spricht sie über ihren Umgang mit Rückschlägen, ihre persönliche Definition von Erfolg und wie es war, als erste Frau in die Geschäftsführung des Österreichischen Rundfunks berufen zu werden.
Frau Zechner, warum haben Sie sich für eine Karriere in der Medienbranche entschieden?
War ein Grundinteresse schon immer da?
Ein Grundtalent und -interesse im Bereich der Kommunikation war von Kindheit an da. Wir waren ein diskussionsfreudiges Kleinfamilien-Konvolut, wo viel gesungen, viel diskutiert und wahnsinnig viel gelesen wurde, das hat mich sehr geprägt. Ich bin also in diesem kommunikativen Biotop aufgewachsen, allerdings ohne Druck in irgendeine spezielle berufliche Richtung. Der nächste Schritt war dann ein sogenanntes „vernünftiges Studium“. Dabei hat mich von Kunsttischlerei über Journalismus, Schauspielerei, Japanisch lernen oder Unfallchirurgie unglaublich viel interessiert. Entschieden habe ich mich letzten Endes für ein Jus-Studium, auch weil mir mein Vater klug vorgelegt hatte, dass ich das in Zukunft für alles Mögliche gebrauchen kann. Wegen meiner starken Affinität für Kommunikation habe ich auch relativ bald Theaterwissenschaften und Politologie studiert. Also nicht wirklich „studiert“, aber die Seminare, die mich interessiert haben, habe ich gemacht. Neben dem Studium hatte ich außerdem zwei Jobs: Einmal als Kellnerin, wo soziale Intelligenz und Kommunikationstalent die wichtigsten Überlebensmittel und der Zugang zu gutem Trinkgeld sind. Mein zweiter Job war bei der UNO, wo es auf eine Art und Weise ja auch um Kommunikation und Verständigung geht. Neben meinem praktischen und vernünftigen Studium waren die Zweitstudien und meine Studentenjobs also schon sehr in Richtung Kommunikation ausgerichtet.
Wie ging es nach dem Studium beruflich für Sie weiter?
Als ich mit Jus fertig war, gab es die Möglichkeit, als Assistentin mit meinem damaligen Chef nach Genf oder New York zu gehen. Zu der Zeit war ich aber affenartig verliebt und wollte deshalb nicht mit. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Job gemacht und mich mit der Überzeugung, dass Kommunikation und Medien schon was Spannendes sind, für Volontariate in dem Bereich beworben. Ich bin dann bei fast allen Zeitungen und einem Großteil der ORF-Abteilungen gescheitert. Aber bei der Unterhaltung hat’s geklappt und da habe ich dann ein Volontariat begonnen.
Und diese Stelle war sofort die richtige?
Obwohl ich damals hundertmal mehr Zeitung gelesen als Fernsehen geschaut habe, hat mich Bewegtbild fasziniert. Dann habe ich bei diesem Volontariat schnell gemerkt, dass mir das im Sinne der Gestaltungsmöglichkeiten unglaublich taugt. Da habe ich dann wirklich begonnen, mir einen Haxen auszureißen und sehr viel zu arbeiten. Ich habe immer gern und viel gearbeitet, aber damals habe ich wie eine Besessene von der Früh bis Mitternacht gearbeitet, gelernt und zugeschaut. In Wahrheit war es, nach meinen sehr theoretischen Studien, wie eine Lehre in den Medien.
Das Volontariat war also eine gute Ausbildung?
Ja, ich würde es als eine sehr spannende und vielseitige Lehre bezeichnen. Obwohl ich schon zu Beginn Kultur oder Zeitgeschichte machen wollte, war die Unterhaltung dafür geeignet, viel zu lernen. Dort hat sich meine Begeisterung für Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt und ich habe gelernt, wie man Kabaretts gestaltet, wie man die kleine Show gestaltet oder wie man eine Benefizkiste organisiert.
» Das Projekt, das mir gezeigt hat, dass dieser Job der richtige ist, war ein Flop. «
Welche Projekte sind Ihnen aus Ihrer Anfangszeit besonders in Erinnerung geblieben?
Ein Projekt, das mich wahnsinnig herausgefordert und mir gleichzeitig gezeigt hat, dass dieser Job der richtige für mich ist, war ein veritabler Flop. Die Serie hieß „Belle’s Paradise“ und war eine Comedy-Serie mit einer Live-Band, was für damalige Verhältnisse völlig abstrus war. Wir hatten für das Projekt den berühmten Regisseur Ian MacNaughton, der Monty-Python-Filme gemacht hat, und da sind alle vor Ehrfurcht erstarrt. Dann haben wir gemerkt, dass er ein ziemlich trinkfester Schotte war und ein großartiger Regisseur. Ich habe viel über das Regie führen von ihm gelernt. Er hat das Team zusammengehalten und ein, wie ich finde, tolles Stück hingelegt und dann war es ein absoluter Flop.
Was haben Sie daraus gelernt?
Dass die besten Zutaten keine Garantie dafür sind, einen Hit zu landen, und dass du den Mut haben musst, neue Wege zu gehen, sonst wiederholst du nur etwas von irgendwem anderen und bist medioker. Und wenn du, um es mit dem Sport zu vergleichen, die Goldmedaille willst, musst du Mut haben. Du musst wahnsinnig viel trainieren und das Handwerk können. Du musst innovativ sein und in Kauf nehmen, dass du dich auch mal irrst.
Was war einer der ersten Erfolge zu Beginn Ihrer Karriere?
Unter dem damaligen Unterhaltungschef Harald Windisch haben wir mit einem internen Team innerhalb kürzester Zeit „Die Umweltshow“, eine Benefizgala zum Freikauf der Hainburger Au durch die österreichische Bevölkerung, mit zig Schauplätzen entwickelt. Die Sendung ist gut gelungen und hat mich in meiner Anfangszeit sehr geprägt.
Wie ist es nach den Anfängen weitergegangen? Wann hatten Sie das Gefühl, dass das eine coole Karriere wird?
Das Gefühl der coolen Karriere kam lange nicht (lacht). Nach meinem Volontariat habe ich Anfang der 90er einen administrativen Job in der ORF-Geschäftsführung gehabt und war Referentin des damaligen Generalsekretärs Kurt Bergmann und habe dort die Struktur der Geschäftsführung kennengelernt. Danach bin ich relativ bald nach München gegangen, weil ich die Chance bekommen habe, bei dem privaten Fernsehsender Tele 5 als Unterhaltungschefin zu beginnen. München fand ich sehr sympathisch, weil es im Ausland ist, aber nicht ganz so weit weg, und weil ich wahnsinnig gerne Ski fahre und meine geliebten Berge in der Nähe hatte. Bei Tele 5 gab es Gesellschafter aus Deutschland, aber auch Italien und Amerika, und ich habe gelernt, wie der kommerzielle Betrieb eines Senders funktioniert. Das war eine gute Schule und ich habe ein Jahr lang dort gearbeitet, bis ein Gesellschafterstreit dazu geführt hat, dass über Nacht 100 Leute, inklusive mir, mit einem Schlag arbeitslos wurden. Unser damaliger Chef, das war der Gerhard Zeiler, hat uns in der Früh versammelt und gesagt: „Das war’s.“ Also, er hat es natürlich mit wohl gewählten, vernünftigen, professionellen Worten gesagt, aber im Grunde hieß es: „Das war’s.“


Wie haben Sie nach diesem Rückschlag weitergemacht?
In meinem Jahr in München habe ich verschiedene Produzenten kennengelernt und einer der spannendsten war der holländische Fernsehproduzent John de Mol. Und er war es, der mich nach meiner Entlassung angerufen und nach Holland eingeladen hat, um mich zu fragen, ob ich ihm seine deutsche Tochterfirma in Köln aufbaue. Das war der Moment, in dem ich mir zum ersten Mal in meinem Leben gedacht habe: „Bist du deppert, das kann ich nicht. Wie soll ich eine Firma gründen?“ Ich habe John de Mol gefragt, wie er auf die Idee käme, dass ich das könnte. Daraufhin hat er mir einen Vortrag darüber gehalten, dass man das Potenzial von Leuten erkennen muss und nicht nur das, was man ohnehin schon sieht oder was sie schon können. Und der Aufbau dieser Tochterfirma war dann in Wahrheit der erste wirkliche Karriereschritt, wo ich mir gedacht habe: „Ich sehe mich noch nicht in der Position. Aber wenn jemand an mich glaubt, dann sage ich nicht Nein, sondern Ja.“ Das ist auch eine wichtige Botschaft an junge Menschen, sich etwas zuzutrauen, wenn sie jemanden vor sich haben, der an sie glaubt oder ihnen etwas zutraut.
Ihre nächste Station war also Köln.
Ja, dort habe ich mit holländischen Kolleginnen und Kollegen über drei Jahre eine ganz feine Tochterfirma entwickelt und dabei wieder unglaublich viel gelernt. Nicht im Sinne eines Senders, sondern einer Produzentin. Ich habe zum Beispiel nicht nur gelernt, wie man Formate entwickelt, sondern auch, wie man sie pitcht, berechnet, umsetzt, und weiterführend auch, wie man etwas Wichtiges in anderen entdeckt: Potenzial – ob das jetzt das Potenzial von AutorInnen, ModeratorInnen oder RegisseurInnen ist. Das war eine prägende Zeit für mich, als ich von John de Mol gelernt habe, wie man mit Budgets umgeht, Potenzial aufspürt und auch, wie man angstfrei ist.
Wie haben Sie das gelernt, angstfrei zu sein?
John de Mol war selbst unglaublich kreativ und angstfrei. Weil ich natürlich nicht so angstfrei war wie er, habe ich das für mich umgewandelt in ein Zutrauen in meine Fähigkeiten und das kombiniert mit dem Vertrauen in die Fähigkeiten anderer. Und das ist auch heute noch ganz stark mein Führungsstil: Ich will immer mit den Besten arbeiten. Also nicht mit Schwächeren arbeiten, damit man selbst gut dasteht, sondern mit den Besten arbeiten. Denn dann strahlen alle.
» Von einer Idee überzeugt zu sein, ist der Prüfstein eines jeden Projektes. «
Angstfrei sein, gekonnt mit Budgets umgehen und das Potenzial in Menschen erkennen, sind zweifelsohne wichtige Kenntnisse einer Produzentin und Programmdirektorin. Wie hat sich Ihr Weg zurück zum ORF gestaltet?
Das war eine Mischung aus Zufall und dem nächsten Karriereschritt. Gerhard Zeiler, mit dem ich drei Jahre nicht mehr zusammengearbeitet hatte, der aber damals auch in Köln arbeitete, hatte sich zu der Zeit beim ORF beworben. Als feststand, dass Zeiler die Wahl für sich gewinnen konnte, fragte er mich relativ kurzfristig, ob ich mit ihm zurück nach Wien gehen würde. Das konnte ich mir gut vorstellen, allerdings unter der Voraussetzung, dieses Mal keine Unterhaltung mehr zu machen, sondern endlich Kultur machen zu dürfen. Als ich in seinem Büro saß, klärte er mich schließlich darüber auf, dass es weder um Unterhaltung noch um Kultur, sondern um die Programmdirektion ging. Das war das zweite Mal, dass ich mir dachte: „Das geht nicht, das ist eine Nummer zu groß.“ Meine Vorgänger waren Wolfgang Lorenz und Ernst Wolfram Marboe, also große, gestandene, männliche Persönlichkeiten. Ich war damals 31, eine Frau, unverheiratet und gerade aus der Kirche ausgetreten.
Und dann haben Sie sich trotzdem auf die Stelle beworben?
Ja. Ich habe mich wochenlang vorbereitet und dann vor dem Aufsichtsrat ein Plädoyer darüber gehalten, warum ich den Job kann und gut machen würde und warum die nächste Generation das übernehmen sollte, den ORF zu gestalten. Das waren sicher eine der nervösesten zwei bis drei Stunden meines Lebens. Aber ich habe den Job bekommen und das war dann mein zweiter großer Karriereschritt, in der Programmdirektion unter Zeiler.
Was haben Sie in dieser Position in der Programmdirektion über sich gelernt?
Es wurde sichtbar, dass ich ein großes, nicht mehr nur Talent, sondern Können dafür habe, Innovationen zu ermöglichen – ob das eine erste erfolgreiche Sitcom wie „MA2412“ war oder ein völlig verrücktes Ding wie „Taxi Orange“, ebenso wie die Sendungen „Vorstadtweiber“, „Universum History“ und der „Eurovision Song Contest“ oder auch Klassiker wie „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“ und „Andreas Hofer – Die Freiheit des Adlers“. Und das ist auch, worum es mir in der jetzigen Lebensphase noch immer geht: Das Sichtbarmachen von Können. Vor allem auch mit dem Schwerpunkt auf der Sichtbarmachung des Könnens der Frauen.

Woran erkennen Sie das Potenzial eines Projektes oder einer Idee?
Es gibt ja den berühmten Satz, den man hört, wenn man etwas pitcht: „Sind Sie sich sicher?“ Die richtige Antwort ist: „Ich bin überzeugt.“ Wissen tut man es immer erst im Nachhinein. Aber von einer Idee überzeugt zu sein, ist am Anfang eines jeden Projektes der Prüfstein, bevor man das Budget dafür freigibt. Ich bin weder Literatin, noch Komponistin oder bildende Künstlerin. Aber was ich habe, ist ein unverrückbarer Respekt vor diesen originär schaffenden Persönlichkeiten. Ich sehe es als meine Aufgabe, dass, wenn mich eine Idee überzeugt, ich diese auch ermögliche. Ich muss die Verantwortung übernehmen, Ja oder Nein zu sagen. Natürlich gehört es dabei zur Überzeugungskraft der Kreativen, die eigene Idee für die wichtigste oder richtigste zu halten und das muss auch so sein. In meiner Position entscheide ich dann darüber, ob ich selbst daran glaube und sie umgesetzt wird. Und in diesem Ermöglichen von Projekten habe ich mein Glück, meine Profession und meine Leidenschaft gefunden.
Von „MA2412“ bis „Taxi Orange“ – Sie haben schon einige innovative Highlights angesprochen, die unter Ihrer Leitung produziert wurden. Wie entstehen solche Innovationen?
Prinzipiell entsteht das sinnvollerweise in einem ganz offenen Zwei-Parteien-System, nämlich indem man auf der einen Seite als Auftraggeberin kundtut, was man braucht, und auf der anderen Seite offen ist für Vorschläge, bei denen man anfangs gar nicht gewusst hat, dass man sie braucht. Wenn es dann Ideen gibt, habe ich eine Grundregel: Man muss die Idee formulieren und als Konzept darlegen können. Also einen wirklich professionellen Pitch daraus machen. Diesen Professionalisierungsprozess, wie man von einer Idee zu einem Konzept kommt, zu festigen, war lange ein harter Job, weil unser liebes Österreich im Medienbereich schon sehr davon lebt, dass man improvisiert.
Es gibt also einen bestimmten Prozess, den eine Idee durchlaufen muss?
Ja, der ist international definiert und professionalisiert die Konzeptentwicklung. Was damit aber weder verhindert wird noch jemandem erspart bleibt, ist, dass du am Ende dieses professionellen Pitching-Prozesses sagen musst: „Ich glaube daran“ oder „Ich glaube nicht daran.“ Und das ist der Unterschied beispielsweise zur naturwissenschaftlichen Forschung, wo etwas geprüft und eindeutig bewiesen wird – so etwas ist im kreativen Bereich nicht möglich. Es gibt keine Anleitung wie bei einem Gugelhupf-Rezept, es gibt aber Standards, an denen man sich professionell orientiert. Das ist, finde ich, auch das Salz in der Suppe dieses Berufes: Du musst Instinkt und Mut haben, du musst Potenzial erkennen und das Handwerk können. Und dann musst du Glück haben.
» Da war viel Widerstand im Sinne von Mutlosigkeit. «
Wie leicht ist es, innovative Ideen, die es in Österreich so noch nicht gegeben hat, im ORF durchzusetzen?
Das ist unterschiedlich. Bei „MA2412“ war es beispielsweise nicht einfach, das Konzept durchzusetzen. Der Begriff „Sitcom“ war damals ein rein amerikanischer Begriff, der sehr professionalisiert war und in Amerika nach Schema F abgelaufen ist. Das ist interessanterweise der Unterschied zwischen Amerika und uns. In Amerika ist das ein sehr industrialisierter Prozess, bei uns ist er viel kreativer. Zu dem Zeitpunkt, als ich gemeinsam mit der Produktionsfirma MR und den drei Kreativen Harald Sicheritz, Alfred Dorfer und Roland Düringer das Projekt vorgeschlagen habe, war die Haltung im Haus: „Das können die Amis, aber wir nicht.“ Da war viel Widerstand im Sinne von Mutlosigkeit. Am Schluss hat es fast drei Jahre gedauert.
Die Vorbereitung?
Die Durchsetzung. Am Ende lag die Entscheidung ganz oben bei Gerhard Zeiler, der schließlich gesagt hat: „Du gehst mir schon so am Nerv mit diesem Projekt. Wenn ich das Thema dann nur nicht mehr hören muss, machen wir das halt.“ Es war in Wahrheit ein Zermürben des Widerstandes. Wir haben dann 20 Folgen in Auftrag gegeben, und weil es zur damaligen Zeit noch wenig Konkurrenz in dem Bereich gab und der finanzielle Druck nicht so groß war, hatten wir eine große Freiheit, die man uns damit gegeben hat. Bei dem Projekt hat dann alles perfekt ineinandergegriffen: Es waren die Besten am Werk, es war Mut im Spiel und eine Überzeugung, dass es funktionieren wird – und das hat es dann auch.
Wenn Sie von einer Idee wirklich überzeugt sind, bleiben Sie also dran?
Ich bin sehr stur. Oder sagen wir: hartnäckig. Wenn ich von etwas überzeugt bin, dann kann ich sehr hartnäckig sein.
An welchen anderen Eigenschaften machen Sie Ihren Erfolg fest?
Ich bin neugierig geboren und neugierig geblieben. Ich bin genetisch positiv. Ich habe immer gesagt, meine Eltern und Großeltern haben mir eine Solarzelle in die Genetik eingebaut. Ich bin welt- und menschenoffen, denn ich bin ehrgeizig und eitel, aber für andere. Es gibt nichts Schöneres, als wenn ein Team, an das ich geglaubt habe, einen Erfolg hat. Außerdem bin ich begeisterungsfähig – ich kann sowohl mich selbst als auch andere begeistern. Ich bin nicht angstfrei, aber unerschrocken und ich bin sehr stark und gleichzeitig extrem verletzlich und dadurch nicht mittelmaßgefährdet.

« Mein Schwerpunkt liegt auf der Sichtbarmachung des Könnens der Frauen. »
Wenn ein Konzept nicht aufgeht, wie gehen Sie mit diesen Rückschlägen um?
Ich habe mit mir selbst und meinem Team ein Prozedere, das wir durchlaufen, bevor ein Werk die Öffentlichkeit erblickt. Es gibt ein teaminternes Resümee, wo wir besprechen, ob wir das, woran wir glauben, bestmöglich umgesetzt haben. Das ist unser Fundament, um klar abzugrenzen, ob wir etwas richtig gut hingekriegt haben oder selbst noch ein Defizit an einem Projekt sehen. Das bringt eine gute Distanz zu den Glücksfaktoren: Haben wir den richtigen Zeitpunkt gewählt? Wie reagiert das Publikum? Haben wir das Publikum richtig eingeschätzt? Wobei ja Marktforschung helfen kann, aber eben nur bis zu einem gewissen Grad, weil es nur das abfragt, was die Leute bereits kennen, und nicht das, was sie kennenlernen könnten. Also Innovationen in dem Sinne oder auch eine neue Besetzung. Da hoffst du dann einfach, dass es gut geht.
Und wenn ein Projekt dann einmal scheitert?
Wenn man einen richtigen Flop landet, ist das pure Verzweiflung. Da geht es mir ein paar Tage lang richtig schlecht. Ich gehe damit um, indem ich alle anderen beruhige, ermuntere und begleite. Und so nach zwei bis drei Tagen erinnere ich mich an den Grundsatz, dass du Erfolg nur haben kannst, wenn du gewillt bist, Irrtum in Kauf zu nehmen. Und der Irrtum impliziert, dass man eben auch Flops ertragen muss.
An welchen Punkten machen Sie Erfolg für sich fest?
Einer der wichtigsten Punkte ist die professionelle Analyse, ob wir in einem Projekt das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. Wenn das mehrheitlich so ist, dann ist es ein Erfolg. Die zweite Messlatte ist, wenn das Glück dazugekommen ist und du einen messbaren Erfolg hast. Das ist dann quasi die Goldmedaille. Der dritte Punkt ist, wenn ich gesellschaftspolitisch etwas bewirke, das kann beispielsweise sein, einen jungen Autor oder eine junge Autorin sichtbar zu machen oder eine neue Geschichte erzählt zu haben. Ein ganz wichtiges Thema für mich ist das Sichtbarmachen von 50 % der Menschheit, nämlich den Frauen in ihren Fähigkeiten und in ihrer Vielseitigkeit. Es ist mir ein Anliegen, das Missverständnis aus der Welt zu schaffen, dass es den Frauen darum geht, die Männer zu verdrängen. Es geht vielmehr darum zu sehen, dass eine männlich dominierte Gesellschaft nicht fähig ist, die Probleme alleine zu lösen.
» Du kannst Erfolg nur haben, wenn du gewillt bist, Irrtum in Kauf zu nehmen. «
Wie ist es Ihnen persönlich gegangen als erste Frau in der Geschäftsführung eines staatlichen Unternehmens?
Im ORF hat mir ein Mann, nämlich Gerhard Zeiler, die Möglichkeit gegeben, in die Geschäftsführung zu kommen. Und die Reaktionen waren gemischt, am harmlosesten war „Quotenfrau“. Da habe ich gelernt, mich zu wehren und kundzutun, dass es natürlich meine Qualifikation und mein Werdegang sind, die mich in diese Position gebracht haben. Gerade in den letzten zwei Perioden im ORF war das Durchsetzen einer höheren Frauenbesetzung in entscheidenden Funktionen ein wichtiger Punkt für mich, ob in der Regie, in der Moderation oder als Sendungsverantwortliche und Hauptabteilungsleiterin. Die Sichtbarmachung der Frauen ist wichtiger denn je. Du wirst auch heute als Frau rhetorisch noch anders behandelt. Von Unsäglichkeiten wie: „Geh Mäderl, bitte“ bis zu dem Punkt, dass Herren die Augen verdrehen oder den Raum verlassen, wenn eine Frau stark argumentiert. Es ist dringend notwendig, das Spektrum im Denk- und Handlungsradius größer zu machen, denn die Ergänzung von Mann und Frau macht uns als Gesellschaft in erster Linie besser, erfolgreicher und produktiver.
Was würden Sie Mädchen und jungen Frauen raten, die eine ebenso herausragende Karriere anstreben?
Ich würde diesen Rat gerne den Mädchen, Jungen, Frauen und Männern mitgeben: Erkennt, dass wir einander nichts wegnehmen, sondern dass wir uns ideal ergänzen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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