Kristina Inhof
Mal im Stadion beim Fußballmatch, mal auf der Tanzbühne: Wenn es um Allrounder geht, ist ORF-Reporterin Kristina Inhof auf jeden Fall ein echtes Vorbild. Wir reden mit der gebürtigen Niederösterreicherin über die Nachteile eines klaren Berufszieles, über „gesetzte“ Posten und unerwartete Gelegenheiten – und fragen uns, wie Sport und Entertainment zusammenpassen und wieso Vorstellungskraft gerade bei E-Mail-Adressen Gold wert ist.
Kristina, wann hast du eigentlich beschlossen, dass du eine Karriere als Moderatorin einschlagen möchtest?
Als ich damals in der Schule bemerkt habe, dass ich sehr gerne Referate halte. Es war eigentlich nie ein großes Problem für mich, vor anderen Leuten zu sprechen. Es hat mir sogar richtig Spaß gemacht und ich habe auch immer positives Feedback bekommen. Natürlich hatte ich das Fernsehen mit 17 Jahren noch nicht wirklich am Radar, damals wollte ich eher zum Radio. Daher habe ich auch direkt nach der Matura einen Sommer-Radiomoderationskurs angefangen und dort dann meine Freude an der Moderation entdeckt. Zurückblickend bin ich sehr froh darüber, dass ich mir über meinen Berufsweg eigentlich nie so viele Gedanken machen musste, weil das natürlich auch gewisse Nachteile mit sich bringt.
Welche Nachteile?
Ich würde nicht unbedingt sagen, dass man verbissen wird, aber im Allgemeinen neigt man mit einem zu klaren Ziel dazu, dieses mit einem Tunnelblick zu betrachten. Man arbeitet ehrgeizig in eine Richtung und so etwas ist dann für einen selbst oft sehr anstrengend. Aber immer, wenn man konsequent auf einen Traum hinarbeitet, sind eben auch eine ganze Menge an Höhen und Tiefen dabei.
Studiert hast du aber Sportwissenschaften. Wie passt das zusammen?
Ich habe nach der Matura bei einem kleinen Regionalsender angefangen, nur hatten die nicht wirklich eine passende Arbeit für mich. Die meiste Zeit war ich nur für Computerarbeit und Programmlisten eingeteilt … das war für mich einfach nichts, weil es nichts mit Moderation zu tun hatte. Und dadurch, dass ich bei der Aufnahmeprüfung für das Studium Journalismus und Medienmanagement auch durchgefallen bin, habe ich sozusagen die nächstbeste Option genutzt. Sport hat mich zum Glück immer interessiert, daher waren Sportwissenschaften – mit einer Arbeit als Reporterin nebenbei – die beste Alternative. Im Endeffekt bin ich durch das Studium aber doch noch zum Journalismus gekommen, weshalb ich heute auch sehr froh bin, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe.
Wie ist dann die Connection zum ORF entstanden? Zwischen Sportjournalismus und „Dancing Stars“ gibt’s ja jetzt keine wirklich direkte Verbindung.
Ja, zum ORF bin ich eigentlich zufällig gestoßen. Damals, 2015, war ich bei Sky Sport News HD in München engagiert, als mich jemand vom ORF kontaktiert hat. Sie fragten mich, ob ich für ein Casting-Gespräch für „Die große Chance der Chöre“, also eine Unterhaltungsshow, bereit wäre, nachdem Alice Tumler – die eigentlich als Moderatorin für die Show geplant war – für den Song Contest abgezogen wurde (den Österreich ja im Jahr davor gewonnen hatte). Das Casting habe ich dann letztendlich gewonnen und bin so zusammen mit Andi Knoll zur Co-Moderatorin der Show geworden. Von da aus sind sie dann auch im Sport auf mich aufmerksam geworden und ab Anfang 2016 habe ich dann vollständig zum ORF gewechselt. Seitdem stehe ich eigentlich für Sport und Unterhaltung vor der Kamera, darunter eben auch heuer für „Dancing Stars“.
» Oft genug bin ich vor dem Fernseher gesessen und habe mir gedacht: Das möchte ich auch mal machen. «
War „Dancing Stars“ denn schon davor ein Ziel deinerseits? Bzw. wie genau findest du allgemein Ziele in deinem Berufsleben?
Die meisten meiner beruflichen Ziele haben sich eigentlich immer von selbst ergeben. Oft genug bin ich vor dem Fernseher gesessen, habe mir irgendeine Show angeschaut und mir dann gedacht: Das möchte ich auch mal machen. So in etwa haben sich immer wieder meine Ziele herauskristallisiert. „Dancing Stars“ an sich war jetzt nie mein „absolutes“ Berufsziel, ich hatte aber schon zu Beginn meiner Karriere immer die Vision, irgendwann eine Show zu moderieren, die mich schon früher persönlich berührt hat. Das waren und sind eigentlich viele der ganz großen Unterhaltungsshows, die ich nach wie vor wahnsinnig gerne anschaue. Deshalb habe ich mich bei „Dancing Stars“ gleich wohlgefühlt, weil es genau so eine Sendung war, die ich schon immer gerne im Fernsehen verfolgt habe. Dass ich heuer zum ersten Mal dabei war, das war schon ein ganz großer Meilenstein für mich.
Du hast „Dancing Stars“ ja nicht nur zum ersten Mal, sondern auch in einem ziemlich ungewöhnlichen Jahr übernommen. Wie hast du dich auf die Show vorbereitet?
Ursprünglich war ich ja nicht einmal als Moderatorin für „Dancing Stars“ vorgesehen. Normalerweise macht das Mirjam Weichselbraun, aber wegen Corona war’s für sie nicht machbar, aus London herzukommen, weswegen dann eben ich eingesprungen bin. Was die Vorbereitung betrifft, muss ich ganz ehrlich sagen, dass das genau genommen gar nicht so ein großer Aufwand war. Im Wesentlichen haben wir uns immer am Tag vor der Sendung getroffen, der Drehbuchautor ist mit uns den Ablauf und die Gesprächsthemen durchgegangen und an sich war’s das auch schon. Im Endeffekt war’s für mich nie so ein monumentaler Druck – wobei das ziemlich sicher auch daran liegt, dass ich jetzt einfach schon fünf Jahre lang im Unterhaltungsbereich moderiere. Im Jahr 2015 hätte ich so eine Show ganz sicher nicht so selbstsicher moderiert wie heuer.
Vermutlich haben dich viele auch mit Mirjam Weichselbraun verglichen. Waren solche Gegenüberstellungen ein Problem für dich?
Ja, ich wurde oft genug in Interviews über die Fußstapfen, in die ich da trete, aufgeklärt (lacht). Aber ich habe kein einziges Mal einen Gedanken daran verschwendet. Ich habe gewusst, dass ich nur dann in dem Bereich durchstarten kann, wenn ich absolut ich selbst bin und nicht versuche, so zu sein wie meine Vorgängerin. Auch wenn ich finde, dass sie die Show großartig moderiert hat. Doch hier jemandem nachzueifern, ist immer der falsche Weg, denn sicheres Auftreten funktioniert nur, wenn man authentisch bleibt.
Stichwort Druck: Wie kommst du damit klar, vor so vielen Leuten zu moderieren? Für einen Außenstehenden wirkt deine Performance vor der Kamera schon sehr souverän. Ist Lampenfieber für dich überhaupt noch ein Thema?
Ja, definitiv. Es ist im Laufe der Zeit sicher weniger geworden, weil man einfach aus den Situationen lernt, in denen etwas nicht so gut läuft. Beim Sport haben wir hauptsächlich Live-Sendungen, gerade da wird garantiert irgendwann etwas schieflaufen. Und es war für mich eine große Erkenntnis, als ich gemerkt habe, dass man in solchen Situationen am besten einfach ganz offen zu Fehlern steht. Ich würde mich inzwischen definitiv trauen, on air zuzugeben, dass ich bestimmte Sachen nicht weiß, auch weil es einen einfach für das Publikum menschlicher wirken lässt. Und gerade diese Angst vor Fehlern zu verlieren, hat mir bei der anfänglichen Nervosität enorm geholfen. Eine gewisse Grundanspannung habe ich vor jeder Show natürlich immer noch, aber ich finde so etwas auch sehr wichtig, weil es mir zeigt, wie wichtig mir mein Beruf weiterhin ist. Und für alle Fälle habe ich in Sachen Nervosität auch noch ein paar leichte Atemübungen zum Runterkommen parat.
Was war denn bisher die größte Challenge für dich und wie hast du sie bewältigt?
Es ist nicht leicht, kontinuierlich motiviert zu bleiben und im Laufe der Zeit nicht aufzugeben, gerade nach Rückschlägen. Bei anderen sieht man das oft nicht – auf Social Media zum Beispiel präsentieren alle ja immer nur ihre Erfolge und die schönen Seiten. Aber mit Enttäuschungen und Krisen muss jeder hadern. Ich hatte selbst im Frühjahr noch eine kleine Sinnkrise, weil ich mich in meinem Berufsleben nach etwas Größerem gesehnt habe, als mir zu der Zeit geboten wurde. Im Endeffekt muss man aber gerade in solchen Zeiten immer nach Wegen suchen, um sich selbst weiterzuentwickeln. Einerseits braucht man dazu natürlich Motivation, seine eigene Situation auch zu ändern. Doch das richtige Umfeld ist genauso wichtig – also Leute, die einen auf dem Weg bestärken und unterstützen. Und schließlich zeigt einem das Leben immer erst im Nachhinein, dass sich die richtigen Gelegenheiten irgendwann ergeben haben. So wie eben „Dancing Stars“ bei mir letztendlich noch ein toller Abschluss zu einem sonst sehr fordernden Jahr geworden ist.
Was sind für dich persönlich berufliche Rückschläge? Wie gehst du damit um?
Für mich sind Rückschläge vor allem Jobs, die ich gerne gehabt hätte, aber dann nicht bekommen habe. Früher ist das natürlich oft passiert: Ich hatte sehr viele Castings bei Sendern aus Deutschland, also Sat.1, ProSieben und so weiter. Ganz oft habe ich von diesen Sendern das Feedback bekommen, dass ich eh ganz super war und dass ich die Zweitbeste war, aber es dann eben nicht ganz gereicht hat. So ein Feedback hat mich natürlich ziemlich gewurmt und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich im ersten Moment immer wahnsinnig enttäuscht war. Mit der Zeit habe ich aus diesen Rückschlägen aber mitgenommen, dass diese Castings im Endeffekt wohl einfach nicht für mich bestimmt waren, dass ich in diesen Positionen wahrscheinlich ohnehin nicht glücklich geworden wäre. Letztendlich kommt der ideale Job irgendwann zu dir und er kommt dann, wenn du auch dafür bereit bist.
Und wie gehst du mit Kritik um, besonders über Social Media? Als „Dancing Stars“-Moderatorin warst du hier ja in einer sehr exponierten Position.
Schon meine Mama hat immer gesagt, dass ich generell nicht so kritikfähig bin. Kritik einfach hinzunehmen, dass klappt bei mir nicht, da muss ich immer zurückreden. Im Berufsleben kann ich das zum Glück leichter zurückhalten als privat, weil ich so etwas hier einfach auch besser differenzieren kann. Gerade wenn wir von Social Media reden, ist es auch ziemlich wichtig, sich nicht alles zu Herzen zu nehmen, was jemand da unter einen Beitrag schreibt. Die Leute haben hier ja praktisch freie Hand, ihre schlechte Laune einfach rauszulassen. Natürlich ist mir das während „Dancing Stars“ in den Sozialen Medien auch passiert, dass hier der eine oder andere einfach mal unter die Gürtellinie schießt, aber solche Stimmen gehören glücklicherweise zu einer sehr kleinen Minderheit. Allgemein war der Umgangston auf Social Media sehr freundlich und unterstützend und wenn es einmal Kritik an mir bzw. an der Show gab, dann war das in den meisten Fällen auch konstruktiv und berechtigt. Ich lese ja generell viele der Kommentare in den diversen Kanälen, aber dass ich mich vor negativen Kommentaren fürchten müsste, ist ja zum Glück nicht notwendig. Und die ganz niveaulosen Sager nehme ich mir dann auch nicht wirklich zu Herzen. Bei manchen muss ich sogar ein wenig schmunzeln.
« Man braucht den Willen, sich nicht von Rückschlägen aus der Bahn bringen zu lassen. »
Gehen wir vielleicht wieder in eine etwas optimistischere Richtung: Worin siehst du deine persönlichen Stärken? Was zeichnet dich aus?
Meine persönlichen Stärken? Naja … Ehrgeiz auf alle Fälle. Man braucht schon den unbedingten Willen dazu, ein Ziel zu erreichen, und man darf sich da auch nicht von Rückschlägen aus der Bahn bringen lassen. Und vor allem braucht man die Motivation dazu, auch die Extrameile zu gehen und sich selbst ein wenig mehr anzutun als der Durchschnitt. Ich habe vor Bewerbungen eigentlich immer versucht, so viel wie möglich über diejenigen Personen herauszufinden, mit denen ich im Endeffekt in Verbindung stehen muss. Nicht einfach nur die Assistenten oder die allgemeine Kontaktadresse – da kommen hunderte Bewerbungen rein, da fällst du nicht auf –, sondern wirklich die Adresse der Chefs heraussuchen und diese direkt anschreiben. Und wenn die Adresse nicht im Netz steht, einfach herumprobieren: einmal vorname.nachname@… oder die Initialen des Chefs und so weiter (lacht).
Hast du das gemacht?
Sicher. Wenn die Mail-Adresse nicht existiert, dann wird die Nachricht ja sowieso zurückgestellt. Aber irgendwann geht sie durch und dann stehst du in Kontakt. So habe ich mir viele Möglichkeiten eröffnet, auch mit Chefs großer Produktionsfirmen. Und die meisten davon sind dann generell eh cool drauf, geben dir Feedback oder laden dich sogar zu einem Telefongespräch ein. Gerade durch diese Hartnäckigkeit und dieses Um-die-Ecke-Denken ergeben sich eine Menge Möglichkeiten. Im Endeffekt bin ich so auch beim ORF dort hingekommen, wo ich jetzt bin.
Für viele junge Moderatorinnen und Moderatoren ist es ziemlich schwer, sich im ORF zu etablieren, weil die meisten Posten einfach bereits „gesetzt“ sind. Ich hatte damals das Glück, eine der wenigen Frauen im Sportjournalismus zu sein. Der ORF hatte vor etwa fünf Jahren aktiv nach Frauen vor der Kamera gesucht und ich passte natürlich ideal in diese Marktlücke, weswegen ich dann auch eine Anstellung bekommen habe. Aber im Endeffekt hatte ich auch nie eine Garantie auf einen Job, geschweige denn auf eine ganz bestimmte Position.
Man muss das Ganze allerdings auch von einer anderen Seite aus betrachten: Fixanstellungen werden selten frei. Wenn man als Moderatorin in einer solchen Position ist, kann man also auf eine große Jobsicherheit und Verlässlichkeit des Unternehmens vertrauen. Dennoch gibt es auch für junge Talente immer noch genug Chancen.
2020 mit all seinen Herausforderungen ist nun ja vorbei. Welche Pläne hast du für 2021?
Über namhafte Projekte in der Unterhaltung kann ich für dieses Jahr noch nicht sprechen, aber gerade im Sport erwartet uns ja einiges, da Österreich wieder an einer Fußball-EM teilnimmt und die verschobenen Olympischen Spiele auch 2021 stattfinden. Sofern es die Situation im Sommer dann jedenfalls zulässt. Ich hoffe natürlich darauf, denn eine EM mit österreichischer Beteiligung wird sicherlich in vielen Wohnzimmern präsent sein und Events wie etwa Public Viewings werten das Feeling der Sendung dann noch weiter auf. Es wird auf jeden Fall ein Mega-Projekt, auf das ich mich definitiv schon freue.
Und wie sieht’s mit „Dancing Stars“ aus?
Ich würde die Show sehr gerne nochmal moderieren. 2020 wurde ja von Beginn an kommuniziert, dass ich als Ersatzmoderatorin fungiere. Doch wenn die Verantwortlichen über eine generelle Umstrukturierung der Sendung nachdenken, wäre ich mit vollem Herzen wieder als Moderatorin dabei.
Eine abschließende Frage: Was würdest du nun einer jungen Moderatorin bzw. einem jungen Moderator auf den Weg mitgeben?
Ein Tipp, den ich gerne mitgebe, ist: Es spricht überhaupt nichts gegen ambitionierte Ziele, aber gerade am Anfang sollten die ganz großen Player kein sofortiges Ziel sein. Kleinere Sender vergeben hier viel früher wichtige Aufgaben. Ich kann mich noch an ein Praktikum bei einem Regionalsender erinnern, wo sie mich schon am zweiten Tag mit Kamera und Mikro zu einer Pressekonferenz der Grünen geschickt haben. Natürlich habe ich mich vorne und hinten nicht ausgekannt, aber dafür habe ich eben auch sehr viele verschiedene Dinge gelernt. Ich hatte später auch ein Praktikum bei einer Tageszeitung, wo meine Tätigkeit hauptsächlich daraus bestand, Zeitungsartikel auszuschneiden und zu archivieren. Vom journalistischen Lerneffekt her also gleich null.
Deshalb würde ich jedem empfehlen: Klein anfangen, Wissen sammeln, Erfahrungen machen, Kontakte knüpfen. Es ist wichtig, dass man immer dranbleibt und nicht gleich aufgibt. Man muss es weiter probieren und mit viel Eigeninitiative und ein wenig Kreativität baut sich der Weg dann Stück für Stück auf.
Perfekt. Vielen Dank für das Interview.
Danke.
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